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Alkohol in der Schwangerschaft

Ein kleiner Sekt gegen Kreislaufprobleme, oder das eine Glas Wein wird schon nicht schaden, das sind Empfehlungen, die Schwangere sich noch immer anhören müssen. Dabei kann der kleine Sekt oder das Glas Wein zum Abendessen verheerende Folgen für euer Baby haben. 

Und dabei ist die Sachlage eigentlich ganz klar: 

Finger weg vom Alkohol in der Schwangerschaft!

Eine Studie aus dem Jahr 2018, die in Deutschland durchgeführt wurde, schätzte die Prävalenz des gesamten Spektrums des fetalen Alkoholsyndroms (einschließlich teilweiser FAS) auf etwa 2,37 Fälle pro 1.000 Lebendgeburten.

Weltweit betrachtet ist es sogar laut WHO die häufigste Ursache für angeborene geistige Behinderungen. 

Aber wo beginnt das Problem?

Nachricht Papa Paul:

Da meine Freundin schon ein Weilchen den Wunsch nach einem Baby hatte, vermied sie Alkohol schon ein paar Monate bevor sie schwanger wurde. Für uns wurde jedoch schnell klar, dass dieser Plan gar nicht so leicht umzusetzen war. Denn immer wenn meine Freundin Alkohol ablehnte, kamen schnell Nachfragen. 

Bist du schwanger? Plant ihr eine Schwangerschaft? 

Aber warum trinkst du heute nicht mit? 

Selbst wenn andere nicht fragten, hatten wir das Gefühl, dass ihr Bauch beäugt wurde. Verabredungen auf Weihnachtsmärkten wurden zum Spießrutenlauf und sie fing an, sich ausreden zu überlegen, wie “gestern war schon ganz schön doll, deswegen heute mal nicht” oder leider nehme sie gerade Antibiotika ein,  deswegen ginge es halt nicht. 

Auf einer Geburtstagsfeier stellte sie dann fest, dass der Trick, mit dem sie sich vor lästigen Fragen schützen konnte, war, dass sie einfach allzeit meine halbvolle Bierflasche in der Hand hielt. Schon fragte keiner mehr.  

Aber Leute, das kann doch eigentlich nicht die Lösung sein. 

Irgendwie muss es doch in der Gesellschaft normaler werden, wenn jemand mal nicht mittrinkt. 

Aber warum ist es eigentlich so gefährlich in der Schwangerschaft Alkohol zu trinken und was genau ist das Fetale Alkoholsyndrom?

Das Fetale Alkoholsyndrom (FAS) ist eine ernste und vermeidbare Entwicklungsstörung, die durch den Konsum von Alkohol während der Schwangerschaft verursacht wird. Es tritt auf, wenn ein ungeborenes Kind dem Alkohol, den die Mutter trinkt, ausgesetzt ist und dadurch Schäden im Gehirn und anderen Organen erleidet. Wenn eine schwangere Frau Alkohol trinkt, gelangt dieser über die Plazenta in den Blutkreislauf des Fötus und kann dessen Entwicklung negativ beeinflussen. Der Alkohol kann verschiedene Organsysteme schädigen, insbesondere das zentrale Nervensystem.

Was sind Symptome von FAS?

Die Symptome des FAS können vielfältig sein und reichen von körperlichen Merkmalen wie Wachstumsverzögerung, Gesichtsanomalien und Missbildungen bis hin zu neurologischen und kognitiven Beeinträchtigungen wie Lernschwierigkeiten, Verhaltensproblemen und geistiger Behinderung. Die Auswirkungen des FAS können lebenslang anhalten und das betroffene Kind in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens beeinträchtigen.

Aber kann eine schwangere Frau nicht ein kleines bisschen trinken?

Nein! Eine schwangere Frau sollte gar nicht trinken! 

Nur wenn man keinen Alkohol in der Schwangerschaft trinkt, kann FAS  zu 100 Prozent vermieden werden.  

Die Prävention des FAS besteht folglich darin, während der gesamten Schwangerschaft komplett auf Alkoholkonsum zu verzichten. Es gibt keine sichere Menge oder Zeitpunkt für den Konsum von Alkohol während der Schwangerschaft. Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann auch zu Fehl- und Totgeburten führen. 

Was kannst du als werdender Vater tun? 

  • Bestärke deine Partnerin darin nicht zu Trinken
  • Vordere deine Partnerin niemals zum Alkoholkonsum in der Schwangerschaft auf 
  • Überprüfe dein eigenes Trinkverhalten 
  • Sollte es deiner Partnerin schwerfallen zu verzichten, hilft es ihr bestimmt, wenn du ihr beistehst und auch verzichtest. 
  • Wenn ihr Hilfe braucht, gibt es Programme die euch in der Schwangerschaft unterstützen, um auf Alkohol zu verzichten
  • Wenn ihr Sorgen wegen des Alkoholkonsums in der Schwangerschaft habt, wendet euch an eure Ärzt*in. Auch sie kann euch an Hilfsorganisationen oder Therapeuten weitervermitteln. 

Übrigens: 

Auch der Alkoholkonsum der Väter vor der Schwangerschaft hat Einfluss auf die Spermien. Durch vermehrten Alkoholkonsum der Väter können die Spermien deformiert und ihre DNA geschädigt sein. Es gibt sogar Studien, die festgestellt haben, dass Kinder, deren Väter exzessiv vor der Zeugung getrunken haben, häufiger mit Herzfehlern wie Ventrikelseptumdefekten zur Welt kommen. Also, auch Männer sollten ihren Alkoholkonsum schon vor der Schwangerschaft reduzieren. 

Aber nochmal im Detail:

Wie genau kann das FAS ausgeprägt sein?

Körperliche Missbildungen können bei FAS auftreten, einschließlich Wachstumsverzögerungen und auffällige Gesichtszüge wie schmale Augenöffnungen, glatte Philtrum-Falte und dünne Oberlippe. Zudem können Fehlbildungen an Herz, Nieren oder anderen Organen vorkommen.

Neurologische Beeinträchtigungen können bei Kindern mit FAS auftreten. Dies kann zu Entwicklungsverzögerungen, motorischen Problemen, Koordinationsstörungen, Lernschwierigkeiten, ADHS und intellektuellen Beeinträchtigungen führen.

Verhaltensprobleme wie impulsives Verhalten, Schwierigkeiten bei der Selbstregulation, emotionale Instabilität, Probleme beim Sozialverhalten sowie bei der Aufmerksamkeit und Konzentration können bei Kindern mit FAS auftreten.

Lernschwierigkeiten sind ebenfalls möglich, einschließlich Probleme mit Gedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit, Problemlösungsfähigkeit und Sprachentwicklung.

Kinder mit FAS haben ein erhöhtes Risiko für psychische Gesundheitsprobleme wie Angststörungen, Depressionen, Verhaltensstörungen und Suchtprobleme im späteren Leben.

Die Ausprägung und Schwere der Schäden können variieren und hängen von Faktoren wie dem Ausmaß des Alkoholkonsums, der Dauer der Exposition sowie individuellen genetischen und Umweltfaktoren ab.

Das Fetale Alkoholsyndrom ist eine dauerhafte und nicht heilbare Erkrankung.

Warum ist es so wichtig, Ärzten vom Alkoholkonsum in der Schwangerschaft zu erzählen?

Es ist wichtig, dass das FAS schon frühzeitig erkannt wird, damit euer Kind auch die entsprechende Hilfe von Fachärztin, Pädiatern oder Psychologen erhalten kann. Dafür ist es natürlich wichtig, dass ihr an entsprechenden Stellen ganz ehrlich mit euch selbst seid, damit ihr die nö†ige Hilfe erhalten könnt. 

Es gibt unter anderem auch einen Zusammenhang zwischen dem Fetalen Alkoholsyndrom (FAS) und einer erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass bei betroffenen Kindern auch eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert wird. Diese Kombination kann jedoch zu Fehldiagnosen führen, da einige der Symptome von FAS und ADHS ähnlich sein können.

Kinder mit FAS können Verhaltensmerkmale aufweisen, die denen von ADHS ähneln, wie zum Beispiel Impulsivität, Schwierigkeiten bei der Konzentration und Hyperaktivität. Dies kann dazu führen, dass Fachkräfte und Ärzte ADHS diagnostizieren, ohne den Hintergrund des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft zu berücksichtigen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Symptome von FAS und ADHS sich zwar überlappen können, aber unterschiedliche Ursachen haben. ADHS ist eine neurologische Entwicklungsstörung, während FAS eine direkte Folge des Alkoholkonsums während der Schwangerschaft ist.

Stigma und Tabu

Mir fällt es schwer, etwas über das Thema Stigma und Tabu zu schreiben, auch weil ich selber nicht betroffen bin. Klar ist aber, dass es vorhanden ist und die Kinder mit FAS selber ja selber nichts dafür können, dass sie in dieser Situation sind. Sie können aufgrund von  Entwicklungsverzögerungen, Lernschwierigkeiten und Verhaltensproblemen als „anders“ wahrgenommen werden, was zu Ausgrenzung und sozialer Isolation führen kann.

Auch für  Mütter kann  FAS bei ihren Kindern mit vielen Vorurteilen und Schuldgefühlen verbunden sein . Schnell kann der Eindruck entstehen, dass sie nicht genug Selbstdisziplin gehabt hätten, dabei kann schon geringer Alkoholkonsum im falschen Moment die Ursache für FAS sein. 

Wir haben in der Schwangerschaft oft von anderen die Frage gehört, ob meiner Freundin der Verzicht schwer fällt. Ich finde, das sagt schon viel über den Konsum in der Gesellschaft aus und wir sollten uns darüber Gedanken machen, wie viel wir als Gesellschaft konsumieren.  

Und zum Schluss meine Bitte an euch:

Lasst die Finger vom Alkohol in der Schwangerschaft und unterstützt eure Partnerinnen dabei. 


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